Sonntagsjournal der Zeverner Zeitung: Der Brexit als Weckruf
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Sonntagsjournal der Zeverner Zeitung: Der Brexit als Weckruf

Wir alle erinnern uns: Vor über zweieinhalb Jahren – am Donnerstag, den 23. Juni 2016 haben die Abstimmungsberechtigten im Vereinigten Königreich mit einer knappen Mehrheit von 51,9% für den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union gestimmt. Diese Entscheidung bedauern viele Menschen auch in und um Zeven zu Recht. Der Brexit ist für mich ein historischer Fehler mit schwerwiegenden Konsequenzen!

Tatsächlich kennt der Brexit keine Gewinner, sondern nur Verlierer. Unsere Staatengemeinschaft verliert das drittgrößte Land, die neben Frankreich führende außen- und sicherheitspolitische Kraft und die zweitgrößte Volkswirtschaft. Die britische Wirtschaftsleistung ist größer als jene der 18 kleinen EU-Mitglieder zusammen.

Um den britischen EU-Austritt geordnet zu gestalten und die Folgen so gering wie möglich zu halten, haben sich die EU-27 und das Vereinigten Königreich in 18-monatigen Verhandlungen mühsam auf ein Austrittsabkommen und auf eine politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen geeinigt.

Es wurde eine Übergangsphase nach dem bevorstehenden Austritt am 29. März bis Ende 2020 vereinbart, die um bis zu zwei Jahre verlängert werden kann. Während dieser Zeit müsste sich das Vereinigte Königreich weiter an alle EU-Regeln halten und finanzielle Beiträge an die EU leisten. Es bliebe Teil der Zollunion und des Binnenmarktes. Während der Übergangsphase sollen unsere künftigen Beziehungen im Detail formell vereinbart werden. Sie tritt allerdings nur in Kraft, sofern das britische Unterhaus und anschließend das Europäische Parlament dem Austrittsabkommen zustimmen.

Sollten die Abgeordneten des britischen Unterhauses kein grünes Licht geben, droht ein ungeordneter Austritt des Landes aus unserer Staatengemeinschaft. Das Verhältnis zwischen den EU-27 und dem Vereinigten Königreich würde zunächst auf die Regeln der Welthandelsorganisation zurückfallen. Der Handel würde dann durch Zollbarrieren und nicht tarifäre Handelshemmnisse deutlich eingeschränkt werden. Dieser „No Deal“ Fall sollte unter allen Umständen vermieden werden. Die britischen Abgeordneten müssen nun endlich einen konstruktiven Weg nach vorne aufzeigen. Die Zeit drängt sehr!

Das Vereinigte Königreich sollte auch nach dem Austritt für die EU kein Drittstaat wie jeder andere sein. Wir bleiben durch zahlreiche gemeinsame Werte und Interessen verbunden. Als Mitglied der NATO, des UN-Sicherheitsrats, der G7 und G20 bleibt Großbritannien für uns auch ein wirtschaftlich und strategisch wichtiger Partner, mit dem wir eng zusammenarbeiten werden.

Ganz gleich, ob es letztlich zu einem vertraglich geregelten oder zu einem ungeordneten Brexit kommen wird: Die eigentliche Lehre dieses Dramas ist, dass Populisten und Nationalisten mit Halbwahrheiten, Lügen und dem Versprechen einfacher Lösungen das Vereinigte Königreich in diese verheerende Situation geführt haben. Die Saat aus dem Jahr 2016 ist aufgegangen.

Am 26. Mai wählen wir ein neues Europäisches Parlament. Auch dann werden Demagogen von ganz rechts und ganz links versuchen, mit falschen Versprechen und einfachen Lösungen zu werben. Es ist an der Zeit, dass die proeuropäischen Bürger aufstehen und ihre Stimmen im Mai abgeben. Das beste Rezept gegen die Gegner unseres vereinten Europas ist eine höhere Wahlbeteiligung. Der Brexit sollte dafür ein Weckruf sein!