Schwäbische: Der Halbbrite David McAllister lässt kein gutes Haar am Brexit
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Schwäbische: Der Halbbrite David McAllister lässt kein gutes Haar am Brexit

Der Halbbrite David McAllister lässt kein gutes Haar am Brexit

„Es gibt keine Gewinner“, sagt David McAllister, aber jetzt gehe es darum, den Austritt Großbritanniens aus der EU geordnet über die Bühne zu bringen. Er rät aber auch, sich auf den Notfall eines harten Brexits vorzubereiten. Der frühere niedersächsische CDU-Ministerpräsident ist heute Ausschussvorsitzender für auswärtige Angelegenheiten im Europäischen Parlament und Vizepräsident der Europäischen Volkspartei. Mit David McAllister sprach Sabine Lennartz.

Herr McAllister, was denken Sie als halber Brite angesichts des Brexits von Ihren Landsleuten?

Am Brexit ist nichts gut. Dass das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlassen will, bedauere ich sehr. Jetzt geht es darum, den Brexit in einem ordentlichen und geregelten Verfahren abzuwickeln.

Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass das Ganze noch in einer unbegrenzten Zollunion münden könnte?

Nun, der Labour-Vorsitzende Corbyn bevorzugt einen Verbleib in der Zollunion. Ein Status ähnlich dem von Norwegen wäre also eine denkbare Option. Bei den regierenden Konservativen ist das aber nicht mehrheitsfähig. Sie sind fest entschlossen, sowohl den Binnenmarkt als auch die Zollunion zu verlassen, denn sie möchten die Arbeitnehmerfreizügigkeit einschränken und eigenständige Handelsabkommen abschließen.

Wird die EU den Briten noch mehr Zeit einräumen?

Die Zweijahresfrist läuft am 29. März um 23 Uhr britischer Zeit ab. Dieses Datum könnte einvernehmlich verschoben werden, dazu bedarf es aber einer hinreichenden Begründung. Die Europawahl am 26. Mai setzt ein zeitliches Limit. Das neue Europäische Parlament kommt am 2. Juli zusammen, also müsste nach weit verbreiteter Lesart hier in Straßburg spätestens am 1. Juli das Vereinigte Königreich die EU endgültig verlassen haben. In der ersten Maiwoche sind Kommunalwahlen in England, viele Politiker wollen vorher Klarheit haben. „To kick the can down the road”, wie der Engländer sagt, also einfach nur die Büchse die Straße runterkicken, reicht nicht.

Es scheppert aber ordentlich. Auch in Deutschland könnten 100 000 Arbeitsplätze gefährdet sein durch einen harten Brexit. Teilen Sie die Sorgen?

Der Brexit ist eine „Lose-lose-Situation“. Es gibt keine Gewinner. Aber jetzt geht es darum, den Austritt geordnet über die Bühne zu bringen, sodass genug Zeit bleibt, die künftigen Beziehungen auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Ein harter Brexit würde die Wirtschaftsbranchen besonders treffen, die nach Großbritannien exportieren: Automobilbau, Chemie, Maschinen und Anlagenbau sowie Teile der Agrarwirtschaft. Besonders betroffen wären alle Lieferketten, die just in time produzieren. Oder denken Sie an Airbus als europäisches Kooperationsprojekt. Zollkontrollen am Eurotunnel oder an den Fährhäfen könnten für empfindliche Beeinträchtigungen sorgen. Auch unsere Nordseehäfen, wie beispielsweise Cuxhaven, müssten sich sofort für den Englandverkehr mit einer entsprechenden Zollinfrastruktur und Zollbeamten vorbereiten.

Was muss geschehen?

Der Bundes- und Landesgesetzgeber sowie die Europäische Kommission bereiten vorsorglich eine Gesetzgebung für den ungeregelten „No-Deal-Brexit“ vor. Die Pläne sehen vor allem eine begrenzte Zahl von Notfallmaßnahmen in besonders wichtigen Sektoren wie bei Aufenthalts- und Visafragen oder dem Luftverkehr vor.

Wolfgang Schäuble hat gesagt, wenn der Brexit etwas Gutes haben könnte, dann, dass die verbleibenden 27 näher zusammenrücken. Hat er Recht?

Der Brexit könnte in der Tat ein Weckruf für die EU-27 sein. Die EU ist bislang in den Verhandlungen beieinandergeblieben. Seit 2016 gibt es eine höhere Sensibilität für das Thema Europa. Die europäische Einigung wurde viele Jahre als alternativlos wahrgenommen. Jetzt sehen die Menschen, was die Alternative ist und haben nachvollziehbar den Eindruck, dass es nicht wirklich eine gute Idee ist, die EU zu verlassen.

Das ist vornehm ausgedrückt.

Das sollte feinsinnige britische Ironie sein. Als jemand, der seit Geburt britischer Staatsbürger ist, bin ich schon sehr traurig. Das alles ist das Werk von Nationalisten und Populisten aus dem Jahr 2016, deren Saat nun aufgeht.