Für ein arbeitsfähiges Europäisches Parlament auch in Pandemiezeiten
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Für ein arbeitsfähiges Europäisches Parlament auch in Pandemiezeiten

Die derzeit laufende 2. Welle der Corona-Pandemie in vielen Staaten stellt viele Menschen vor gesundheitliche, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen. Wir sind allen dankbar, die sich an die vorgegebenen Einschränkungen und Empfehlungen halten, in dieser schwierigen Zeit ihren Einsatz in Familie, Beruf und Gesellschaft bringen und trotz aller Schwierigkeiten versuchen, unsere Gesellschaft, ihr Unternehmen und ihr persönliches Umfeld bestmöglich am Laufen zu halten.

Auch für die Arbeit des Europäischen Parlaments stellt die Pandemie eine besondere Herausforderung dar. Wir danken allen Beamten, Mitarbeitern und Dienstleistern, die seit Beginn der Corona-Lage ihren Beitrag leisten, damit das Europäische Parlament arbeitsfähig bleibt und sich die Remote-Arbeitsmöglichkeiten in den vergangenen Monaten schnell und beständig verbessert haben. Dieser Einsatz für die Arbeitsfähigkeit der einzig direkt gewählten Europäischen Institution ist uns sehr wertvoll und wird von uns sehr geschätzt.

Als frei gewählte Mitglieder des Europäischen Parlaments wollen auch wir uns den Herausforderungen weiterhin stellen, wollen die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sicherstellen und nehmen dazu auch wie jeder Bürger persönliche Einschränkungen in Kauf. Es geht um nichts weniger als die nach den Verträgen notwendige Mitwirkung an der europäischen Gesetzgebung und die wirksame parlamentarische Kontrolle der Exekutive der Europäischen Union. Darüber hinaus basiert das Wesen eines Parlaments, seine Legitimität, auf dem öffentlichen Diskurs. Wir erinnern daran, dass das Wort Parlament selbst vom französischen „Parler“ abgeleitet ist. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten festgestellt, dass die Möglichkeit, in digitalen Formaten richtig zu debattieren, stark eingeschränkt ist. Digitale Debatten werden nicht nur durch Besonderheiten, die in der Natur des Formats liegen, beeinträchtigt und durch ihre zahlreichen technischen Unzulänglichkeiten behindert, sondern führen auch zu einer mangelnden Wahrnehmbarkeit für die Medien und dadurch mittelbar auch zu einer kaum mehr angemessenen Einbeziehung der Öffentlichkeit. Wenn die europäische Demokratie auch und vor allem in Krisenzeiten effektiv als Marktplatz für Ideen fungieren soll, kann dies nur durch persönliche und vor allem lebendige Debatten im Plenum des Europäischen Parlaments geschehen.

Wir weisen darauf hin, dass es den nationalen Parlamenten gelungen ist, die Debatten unter physischen Bedingungen aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die erforderlichen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Soweit uns bekannt ist, treffen sich auch andere Parlamente in Brüssel weiterhin in Anwesenheit.

Angesichts dieser parlamentarischen Herausforderungen und unter Einbeziehungen der Erfahrungen aus dem ersten Lockdown im Frühjahr und der Zeit im Sommer fordern wir Parlamentspräsident David Sassoli, das Parlamentspräsidium sowie die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden auf, den Mitgliedern des Hauses auch in der Zeit ab November die nachfolgend beschriebenen Rahmenbedingungen als Arbeitsmöglichkeiten zu gewährleisten:

  1. Möglichkeit der Teilnahme aller Abgeordneten an den Plenartagungen, Ausschusssitzungen des Parlaments sowie den Trilogen vor Ort in Brüssel oder per Remote-Zugang unabhängig von ihrem Aufenthaltsort. Die Auswahl der Wahrnehmung der vorhandenen Möglichkeiten treffen die Abgeordneten jeweils einzeln und individuell auf Basis ihrer eigenen aktuellen parlamentarischen Tätigkeiten und der damit verbundenen Erfordernisse, seiner gesundheitlichen Situation und der vorhandenen Reisemöglichkeiten. Im Plenarsaal bzw. Sitzungssaal gelten verschärfte Hygiene- und Abstandsregeln (beispielsweise 2,5 m zwischen zwei Plätzen oder mit zusätzlichen Schutzvorrichtungen zwischen den Plätzen, wie wir sie in anderen Parlamenten täglich im Fernsehen wahrnehmen) sowie eine generelle Maskenpflicht. Vorrang für den Zutritt haben die an der jeweiligen Debatte als Redner eingeplanten Abgeordneten. Die Fraktionen entscheiden selbständig über ihre Arbeitsweisen und Teilnahmemöglichkeiten.
  2. Wir empfehlen allen Kolleginnen und Kollegen, die Anwesenheit im Parlamentsgebäude auf das Mindestmaß zu beschränken und bei den erforderlichen persönlichen Kontakten ein Höchstmaß an Infektionsschutz sicherzustellen. Auch zu Pandemiezeiten gelten für Abgeordnete grundsätzlich alle Zugangsrechte zum Parlamentsgebäude sowie die normalerweise für die parlamentarische Arbeit geltenden Regelungen.
  3. Um die Entstehung von Infektionsketten innerhalb der Abgeordnetenbüros zu verhindern, halten wir es derzeit für angemessen, dass sich in jedem Abgeordnetenbüro beziehungsweise im Parlamentsgebäude zeitgleich jeweils nur der Abgeordnete oder ein APA / Praktikant aufhalten darf. Die Verwaltung stellt dies durch geeignete Maßnahmen an den Zugängen des Hauses sicher (beispielsweise über eine entsprechende Koppelung der Zugangsbadges).
  4. Wir Abgeordneten verpflichten uns in einer Erklärung, zur Unterbrechung von Infektionsketten innerhalb des Parlaments im Falle eines positiven Covid-Tests oder einer Infektion, dem Parlamentsärztlichen Dienst alle Kontakte ersten Grades anzugeben. Um Irrtümer auszuschließen, gibt der Parlamentsärztliche Dienst allen angegebenen Kontakten ersten Grades die Möglichkeit, durch persönliche Mitteilung des Namens sowie der angegebenen Begegnung die angegebenen Kontakte auf Stichhaltigkeit zu prüfen. In der aktuellen Situation geben wir Infektionsschutz und Arbeitsfähigkeit einen angemessenen Vorrang vor dem Datenschutz.
  5. Wir bitten um kurzfristige Prüfung, inwieweit allen Parlamentsbediensteten und Akkreditierten Assistenten und Praktikanten, die für ihre Tätigkeiten nicht zwingend an ihren Arbeitsorten in Brüssel, Straßburg und Luxemburg anwesend sein müssen, die Möglichkeit eingeräumt werden kann, nach Absprache mit ihren Vorgesetzten ihre Tätigkeit im Homeoffice an einem Ort ihrer Wahl auszuüben. Dies würde die Sicherheit weiter erhöhen, solange Erreichbarkeit, Arbeitsfähigkeit und Direktionsrecht gewahrt bleiben.