Europa-Newsletter April 2022

Seit nunmehr 43 Tagen herrscht Krieg mitten in Europa. Der verheerende und abscheuliche Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine hält die Welt weiterhin in Atem. Die Bilder und Augenzeugenberichte, die uns in dieser Woche aus Bucha erreicht haben, erinnern an das dunkelste Kapitel der Geschichte. Diese Kriegsverbrechen müssen vollständig dokumentiert und die Verantwortlichen in internationalen Gerichtsprozessen zur Rechenschaft gezogen werden. Europa steht fest an der Seite der Ukraine.

Kriegsgeflüchtete wird bei uns in der EU der Schutz geboten, den sie brauchen. Da ukrainische Männer unter 50 verpflichtet sind, in ihrem Land zu bleiben um es zu verteidigen, sind die meisten Geflüchteten Frauen und Kinder. Gerade für Kinder und Jugendliche kann es gravierende Folgen haben, so brutal aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen zu werden, fernab bekannter Orte, bekannter Menschen und der bekannten Sprache. Von den Kriegserfahrungen und der Trauer über die Kriegstoten ganz zu schweigen. Es droht eine traumatisierte Generation. Europa muss alles tun, um dies zu verhindern. Dies beginnt mit einer systematischen Erfassung und Registrierung. Daran haben auch die Schutzsuchenden Interesse. Es ist deshalb schwer nachzuvollziehen, dass gerade in Deutschland Geflüchtete bislang nicht systematisch registriert werden. Damit beweist nicht nur Innenministerin Faeser wenig Verantwortung. Die Ampel-Regierung missachtet bestehende europarechtliche Vorgaben. Deutschland muss schnellstmöglich mit der Registrierung anfangen und bis dahin andere Mitgliedstaaten der EU um Daten bitten. Die Kommunen dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden.

Rückblick auf den Europäischen Rat

vom 24./25. März

In Anwesenheit von Ratspräsident Charles Michel, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem Außenbeauftragten Josep Borrell hat das Plenum am Mittwoch über die Schlussfolgerungen des Europäischen Rats vom 24. und 25. März debattiert. Dessen zentraler Beschluss war eine neuausgerichtete EU-Energiepolitik.

Mit seinem Angriffskrieg hat Putin selbst den Ausstieg aus der Abhängigkeit Europas von Russland eingeleitet. Für uns ist klar, dass Europa so schnell wie möglich weg muss von russischen fossilen Brennstoffen. Vor allem der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien wird Europa Unabhängigkeit und Sicherheit bringen. Gleichzeitig wollen wir auf globale Wasserstoff-Partnerschaften setzen. Vorübergehend ist entscheidend, den Bezug von fossilen Energieträgern zu diversifizieren.

Der europäische Energiebinnenmarkt muss dringend als Teil der Lösung gesehen werden. Staatliche Eingriffe, wie Preisobergrenzen für Gas und staatlichem Energieeinkauf, führen hingegen zu gefährlichen Verzerrungen. Insofern ist der vorgeschlagene gemeinsame Einkauf von Gas, Flüssiggas und Wasserstoff ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Europa kann seine Marktmacht nutzen, wenn es gemeinsam und geschlossen handelt. Darüber hinaus gilt es, eine Gas-Mindestreserve aufzubauen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssen schnellstmöglich beschlossen werden, damit die Speicher schon im kommenden Winter voll genug sind.

Data Governance Act verabschiedet

Am Mittwoch hat das Europäische Parlament den neuen EU Data Governance Act verabschiedet. Damit werden neue Regeln für Datenmarktplätze („Datenmittlerdienste“) aufgestellt. Diese Regeln sehen unter anderem vor, dass Datenmarktplätze ausschließlich als neutrale Mittler auftreten sollen. In der Praxis bedeutet das, dass eine Plattform, die beispielsweise den Handel mit Sensorendaten von landwirtschaftlichen Geräten wie Traktoren, Sprühgeräten oder Erntemaschinen organisiert, diese Daten nicht für die eigenen Zwecke einsetzen darf. Sowohl Käufer als auch Verkäufer von Daten können darauf vertrauen, dass ihnen kein Wettbewerbsnachteil entsteht.

Ich finde: Mit dem Data Governance Act ist es uns gelungen, einen soliden Grundstein für eine faire und vertrauenswürdige Datenwirtschaft in Europa zu legen. Die vorgesehenen Bestimmungen sichern einen gleichberechtigten Wettbewerb für alle Marktteilnehmer. Nur wenn Vertrauen und Fairness gewährleistet sind, kann der EU-weite Datenaustausch sein volles Potenzial entfalten und nachhaltige Geschäftsmodelle und Innovationen hervorbringen.

Wir stehen am Anfang des Zeitalters der Künstlichen Intelligenz. Um nicht abgehängt zu werden, wird Europa vor allem mehr Daten benötigen. Diese Datenverfügbarkeit ist vor allem für unsere Forschung und Entwicklung essentiell. Es gilt nun, die gut gefüllten Datensilos, die es überall in der EU gibt, aufzubrechen und zügig anzuzapfen.

Die Datenrevolution wartet nicht auf Europa und wird sicherlich nicht durch Wunschdenken zustande kommen. Wir müssen jetzt handeln, wenn europäische Digitalunternehmen einen Platz unter den digitalen Innovatoren der Welt haben wollen. Mit dem Data Governance Act werden die Weichen für diese Entwicklung gestellt.

CDU/CSU Gruppe präsentiert konkrete Vorschläge zur Ernährungssicherheit

Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat die CDU/CSU Gruppe im Europäischen Parlament konkrete Forderungen an die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten gestellt, um die Ernährungssicherheit zu garantieren.

 

1. Mitgliedstaaten sollten landwirtschaftliche Produktion auf ökologischen Vorrangflächen vorübergehend zulassen. Auch die Verwendung von Pflanzenschutz- und Düngemittel soll zugelassen werden.

Für dieses Jahr gibt es neue Bedingungen für die Greening-Zahlungen. Mitgliedstaaten haben die Möglichkeiten brachliegende Flächen als eigenständige Kultur gelten zu lassen. Dies gilt auch wenn diese Flächen abgeweidet oder abgeerntet oder zu Produktionszwecken geerntet oder bebaut wurden. Wenn Mitgliedstaaten sich entscheiden von diesen Ausnahmeregelungen Gebrauch zu machen, haben sie zudem die Möglichkeit die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln auf den Flächen zuzulassen.

In Deutschland wird die Nutzung von Ökologischen Vorrangflächen für die Futtergewinnung, im Jahr 2022, zugelassen. Allerdings ist Bundesagrarminister Özdemir nicht gewillt, Brachflächen für den Anbau aller Getreidearten freizugeben. Die Verwendung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln wird ebenfalls nicht gestattet.

2. Die geschaffene Krisenreserve von 500 Millionen Euro ist zügig umzusetzen, um betroffene Akteure zu schützen

Die Krisenreserve hat die Absicht die von den schwerwiegenden Folgen des Krieges in der Ukraine am stärksten betroffenen Erzeuger zu unterstützen. Auf dieser Basis könnten die Mitgliedstaaten den Landwirten finanzielle Unterstützung gewähren, um zur globalen Ernährungssicherheit beizutragen oder Marktstörungen aufgrund erhöhter Inputkosten oder Handelsbeschränkungen auszugeichen. Für Landwirte in Deutschland stehen rund 60 Millionen Euro bereit. Diese sollen zudem mit 120 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt aufgestockt werden. Für die Verwendung auf nationaler Ebene ist bisher noch keine Entscheidung getroffen worden. Die Bundesregierung muss jetzt schnell handeln!

3. Reduzierung von Produktionsflächen um 10 Prozent verschieben

Die in der EU-Biodiversitätsstrategie vorgesehenen Stilllegungsverpflichtungen für streng geschützte Gebiete sollte verschoben werden.  Wir halten das für eine wichtige Maßnahme, um der aktuellen Krise zu begegnen. Entscheidend ist die vorübergehende Aussetzung der Flächenstillegungsverpflichtung in der neuen GAP, die 2023 in Kraft tritt. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, diese auf drei Prozent zu reduzieren. Die EVP-Fraktion fordert eine höhere Flexibilität von vier Prozent bis einschließlich 2023. Der deutsche Landwirtschaftsminister ist leider gegen diesen Vorschlag für das kommende Jahr.

4. Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Sicherstellung der Ernährungssicherheit

Die Kommission hat am 9. März 2022 den Europäischen Vorsorge- und Reaktionsmechanismus für Ernährungssicherheitskrisen (EFSCM) aktiviert. Dieser zielt darauf ab, Koordinierungsbemühungen der europäischen und nationalen Verwaltungen, sowie relevanter Nicht-EU-Länder und privater Akteure zu verbessern, um die Lebensmittelversorgung und die Ernährungssicherheit in Krisenzeiten zu gewährleisten. Er evaluiert die Risiken und Schwachstellen in der EU-Lebensmittelversorgungsketten und wird Empfehlungen und geeignete Abhilfemaßnahmen erkunden.

Bürokratiemoratorium jetzt!

Die Folgen des Krieges in der Ukraine sind vielfältig. Die damit verbundenen Verwerfungen auf den internationalen Agrar-, Energie- und Rohstoffmärkten verlangen ein entschiedenes Handeln aller politischen Entscheidungsträger. Es geht darum, Bürger und Unternehmen in der Europäischen Union in diesen schwierigen Zeiten zu entlasten.

Die CDU/CSU Gruppe im Europäischen Parlament leistet mit mehreren Vorschlägen einen Debattenbeitrag, wie die Folgen des Krieges durch ein Belastungsmoratorium aktueller und geplanter EU-Gesetzgebung konkret begegnet werden können.

Das Positionspapier finden Sie hier.

EU-Roaming-Regeln bis 2032 verlängert

Bereits Ende März hat das Europäische Parlament endgültig die Roaming-Regeln um weitere zehn Jahre bis 2032 verlängert. Damit können Verbraucher ihre Mobiltelefone oder Tablets auf Reisen in der Europäischen Union sowie in Island, Norwegen und Liechtenstein weiterhin ohne zusätzliche Kosten nutzen.

Im Februar 2021 hat die Europäische Kommission eine Neufassung der Roaming-Regeln vorgeschlagen. Seit der Einführung der sogenannten „Roam-like-at home“-Verordnung haben rund 170 Millionen Menschen von den Vorteilen des kostenlosen Telefonierens und Surfens profitiert. Mit den überarbeiteten Vorschriften wird nun auch die Transparenz erhöht. Damit wird sichergestellt, dass Verbraucher in Mobilfunknetzen im Ausland die gleiche Qualität wie im Inland haben. Die neuen Regelungen sehen zudem vor, dass Notdienste kostenlos sind und über Telefon, SMS oder Notfallapps erreicht werden können. Mobilfunkbetreiber werden verpflichtet, über etwaige höhere Kosten zu informieren, zum Beispiel für Anrufe bei technischen Helpdesks oder Servicehotlines von Fluggesellschaften oder Versicherungen.

Ich finde: Es ist mittlerweile selbstverständlich, im EU-Ausland ohne zusätzliche Gebühren zu telefonieren oder im Netz zu surfen. Das wird so bleiben! Es darf keine bösen Überraschungen auf der Handyrechnung geben. Die europäische Roaming-Verordnung ist ein greifbares Beispiel dafür, wie die EU den Alltag für uns alle verbessert.

Zukunft der Fischwirtschaft sichern

Das Europäische Parlament hat am Dienstag einen Bericht zur „Zukunft der Fischerei in der Europäischen Union“ verabschiedet. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU hat erhebliche Auswirkungen für den Fischereisektor. Die sich ergebenen Veränderungen für die Fischwirtschaft in Norddeutschland gehen dabei über das geografische Gebiet des Vereinigten Königreichs hinaus. Nach dem Brexit befinden wir uns in einem neuen internationalen Kontext. Norwegen, Island und die Färöer-Inseln treffen einseitige Entscheidungen, die nachteilige Auswirkungen auf die Fischbestände und Fischereiflotten der EU haben. Es geht darum, unsere eigenen Interessen durchzusetzen und negative Folgen abzuwenden.

Mit dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich wird der Anteil der Fangmöglichkeiten der europäischen Flotte in britischen Gewässern über einen Zeitraum von fünfeinhalb Jahren schrittweise um 25 Prozent reduziert. Zu weiteren Einschnitten darf es nach Auffassung des Europäischen Parlaments nicht kommen. Es müssen alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, um den gegenseitigen Zugang zu den Gewässern und Fischereiressourcen auch nach dem 30. Juni 2026 erhalten. Zudem darf es nach Ablauf des Übergangszeitraums keine weiteren Quotenkürzungen für EU-Fischer geben. Dazu sollte die EU alle Verhandlungskanäle mit dem Vereinigten Königreich sowie mit weiteren Ländern offenhalten. Wenn es die Situation erfordert, sind rechtliche Mittel einzusetzen. So müsse die EU bereit sein, notfalls den Marktzugang zu beschränken oder Zölle einzuführen.

Bürgerforum in Hannover

Letzten Freitag war ich in Hannover zum Bürgerforum „Mitreden über Europa“. Zusammen mit den Kollegen aus dem Europäischen Parlament Viola von Cramon (Grüne) und Bernd Lange (SPD) sowie Prof. Andrea Lenschow (Universität Osnabrück) haben wir Fragen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Folgen für die Europäische Union beantwortet.

Für mich steht fest: Die Europäische Union braucht einen Realitätscheck in allen Angelegenheiten — sei es in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, der Energiesicherheit, den Rohstoffen oder der Landwirtschaft.  Unsere Einigkeit ist dabei unsere Stärke. Wir Europäer dürfen bei außenpolitischen Fragen nicht länger nur eine Zuschauerrolle übernehmen, sondern müssen über Fragen unserer Sicherheit und über unserer Art zu leben selbst entscheiden. Jetzt gilt es, in enger Abstimmung mit der NATO, schnell konkrete Schritte hin zu einer echten europäischen Verteidigungsunion zu machen.

Eine Auswahl meiner Veröffentlichungen

• Debating Europe, 29. März 2022

 

• Handelsblatt, 24. März 2022

Meine nächsten regionalen Termine

21. April

• Landesvorstand der CDU in Niedersachsen, digital

 

22. April

• CDU Kreisvorstand Cuxhaven, Bad Bederkesa

 

23. April

• Eröffnung Messe IDEENHAVEN, Geestland

 

24. April

• Veranstaltung der CDU Achim

 

27. April

• Veranstaltung im Gästehaus der Landesregierung, Hannover

 

29. April

• Veranstaltung in Cadenberge