Europa-Newsletter Dezember 2021

Die letzte Tagung des Europäischen Rates in diesem Jahr wird wie immer von großen Krisen bestimmt. Heute und morgen geht es bei den 27 Staats- und Regierungschefs neben der Corona-Pandemie auch um die Lage an der Grenze zu Belarus, die Sicherheitslage der Ukraine und die anhaltenden hohen Energiepreise in ganz Europa.

Es wird der erste offizielle Auftritt des neuen Bundeskanzlers Scholz im Europäischen Rat sein. Deshalb werden sich alle Augen auf ihn richten. Eine Schonfrist wird er nicht bekommen. Aus deutscher Sicht muss man hoffen, dass der Bundeskanzler mehr Interesse an der Europapolitik entwickelt. Angela Merkel hat auf der internationalen Bühne Deutschland eine vielbeachtete Stimme gegeben. Sie hat entscheidend daran mitgewirkt, die Interessen kleiner, mittlerer und großer, westlicher und östlicher, nördlicher und südlicher Staaten gleichermaßen auszugleichen.

Die Ergebnisse der Koalitionsvereinbarungen lassen auf eine klare europapolitische Dominanz der Grünen innerhalb der Bundesregierung schließen. SPD und FDP haben wichtige Kontrollmechanismen aus der Hand gegeben. In vielen Politikfeldern werden die Grünen zukünftig das europapolitische Tagesgeschäft in Berlin bestimmen.

Alexei Nawalny erhält den Sacharow-Preis 2021

Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit ist der sichtbarste Beitrag des Europäischen Parlaments für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in der ganzen Welt. In diesem Jahr würdigt das Parlament Alexej Nawalny für seinen Mut und seine Entschlossenheit im Kampf für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Diese Auszeichnung zeigt, dass es einen Unterschied zwischen der Politik des Kremls und den Menschen in Russland gibt. Es ist das richtige Signal zur richtigen Zeit!

Alexei Nawalny hat großen Mut bewiesen, um dem russischen Volk die Hoffnung auf Wahlfreiheit zurückzugeben. Er hat jahrelang gegen Korruption gekämpft und sich für Menschenrechte, Rede- und Meinungsfreiheit eingesetzt. Das Europäische Parlament wird sich weiterhin dafür einsetzen, Herrn Nawalny bedingungslos freizulassen.

1988 wurde der Sacharow-Preis zu Ehren des sowjetischen Physikers und politischen Dissidenten Andrej Sakharov ins Leben gerufen. Er gilt als die höchste Auszeichnung, die die Europäische Union für Menschenrechtsarbeit vergibt.

Die Schwerpunkte der französischen Präsidentschaft vor

Frankreich wird ab Januar die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union übernehmen. Turnusgemäß übernimmt alle sechs Monate ein anderer Mitgliedstaat den Vorsitz im Rat. Frankreich folgt auf Slowenien, ab Juli 2022 ist dann Tschechien am Zug.

Präsident Emmanuel Macron hat letzte Woche die Schwerpunkte der französischen Ratspräsidentschaft vorgestellt. Eine Priorität liegt demnach auf Umwelt- und Klimafragen. Die französische Präsidentschaft möchte insbesondere die Arbeiten am Paket „Fit for 55“ und am CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) vorantreiben. Gleiches gilt für die Mindestlohn-Richtlinie. Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ müsse verstärkt umgesetzt werden. Weitere wichtige Schwerpunkte sind die Arbeiten am Digital Markets Act und am Digital Services Act. Die Betreiber von Online-Plattformen sollten stärker in die Pflicht genommen werden, terroristische Inhalte aus ihren Portalen zu entfernen.

Nach Macrons Auffassung bedarf es neuer Finanzinstrumente, damit Europa seine wirtschaftliche und strategische Souveränität ausbauen könne. Als Vorbild nannte er den in der Corona-Pandemie eingeführten Recovery-Fonds. Im Rahmen der europäischen Schuldenregeln sollte nach französischer Vorstellung ein “flexibler Ansatz“ genutzt werden, um nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu schaffen und die ökologische Transformation zu unterstützen. Als weitere Themen nannte der Präsident die Rechtsstaatlichkeit, die Migrationsreform, die Ausweitung des Erasmus+-Programms und die Stärkung der gemeinsamen Gesundheitsforschung.

Plenardebatte zur Lage in der Ukraine

Die massive Präsenz russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine standen im Mittelpunkt einer Plenardebatte am Dienstag. Die Europäische Union und die NATO haben sich zu Recht sehr besorgt geäußert. Die Spannungen an der russisch-ukrainischen Grenze haben sich seit Anfang November erneut verschärft. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums hat Russland seine Truppen an der Grenze auf 100.000 Mann aufgestockt.

Es gilt dringend, eine Eskalation zu vermeiden und Spannungen abzubauen. Entscheidend ist, dass die NATO und die EU die russischen Aktivitäten genau beobachten und ihre volle Unterstützung gegenüber der Ukraine zum Ausdruck bringen. Der Kreml muss vor allem für mehr Transparenz sorgen.

Am Montag haben auch die Außenminister der EU-27 über dieses Thema beraten. Dabei wurden unter anderem neue Sanktionen gegen das private russische Militärunternehmen Wagner gebilligt. Die Wagner-Gruppe hat private Militärs rekrutiert, ausgebildet und in Konfliktgebiete auf der ganzen Welt geschickt. Sie gehen brutal vor, plündern natürliche Ressourcen und schüchtern die örtliche Zivilbevölkerung ein. Das ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht, einschließlich der internationalen Menschenrechtsnormen.

Zuvor haben die G7-Staaten Russland aufgefordert, "zu deeskalieren, diplomatische Wege zu beschreiten und seine internationalen Verpflichtungen zur Transparenz militärischer Aktivitäten einzuhalten". Weitere militärische Aggressionen gegen die Ukraine würden massive Konsequenzen nach sich ziehen, so die G7 Außenminister.

Kommission will mehr Effizienz und Nachhaltigkeit im Verkehr

Die Europäische Kommission hat am Dienstag ein umfassendes Paket für die Zukunft der Mobilität vorgelegt. Sie will den Verkehr in Europa umweltfreundlicher und effizienter gestalten. Konkret geht es um das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V), einen Aktionsplan zur Förderung des Bahnfern- und des grenzüberschreitenden Personenverkehrs sowie die städtische Mobilität.

Das TEN-V ist ein EU-weites Netz von Schienenwegen, Binnenwasserstraßen, Seeverkehrswegen und Straßen. Es verbindet 424 Großstädte mit Häfen, Flughäfen und Eisenbahnterminals. Wenn das TEN-V fertiggestellt ist, wird es die Reisezeiten zwischen diesen Städten drastisch verkürzen. So werden Passagiere beispielsweise zwischen Kopenhagen und Hamburg in 2 1/2 Stunden mit dem Zug reisen können, statt wie heute 4 1/2 Stunden.

Der Schienenverkehr ist nach wie vor einer der sichersten und saubersten Verkehrsträger. Der Aktionsplan für den Fernverkehr und den grenzüberschreitenden Schienenverkehr enthält konkrete Maßnahmen, um den Hochgeschwindigkeitsverkehr bis 2030 zu verdoppeln und bis 2050 zu verdreifachen. Zu den Vorschlägen gehören, multimodale Fahrkarten einzuführen, eine EU-weite Mehrwertsteuerbefreiung für Bahnfahrkarten zu prüfen, überflüssige nationale und technische Vorschriften abzuschaffen und den Wettbewerb auf den Trassen zu verstärken, um Fahrgästen attraktivere Fahrpreise zu ermöglichen.

Der Vorschlag für den urbanen Verkehr befasst sich mit Mobilitätsproblemen, die sich aus Verkehrsstaus, Emissionen und Lärm ergeben. So werden europäische Leitlinien vorgelegt, wie Städte Emissionen reduzieren und die Mobilität verbessern können. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem öffentlichen Verkehr, dem Zufußgehen und dem Radfahren. Weitere Schwerpunkte des Vorschlags sind emissionsfreie Lösungen für städtische Fuhrparks, der Bau und die Modernisierung multimodaler Knotenpunkte sowie neue digitale Lösungen und Dienste.

2022 wird das Jahr der Europäischen Jugend

2022 wird das Europäische Jahr der Jugend. Das haben wir am Dienstag im Plenum beschlossen. Mit dieser Initiativen sollen junge Menschen in den Vordergrund des politischen Handelns gestellt werden.

Die EU benennt seit 1983 „Europäische Jahre“, um auf bestimmte Themen aufmerksam zu machen. Das Europäische Jahr der Jugend geht zurück auf eine Rede von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September. Das Europäische Parlament hat insgesamt acht Millionen Euro an neuen Mitteln bereitgestellt. Damit sollen Programme, wie das Austauschprogramm Erasmus+ und das Europäische Solidaritätskorps, aufgestockt werden. Zusätzliche Gelder für weitere Aktivitäten werden im Laufe des kommenden Jahres mobilisiert. Damit das Europäische Jahr der Jugend nachhaltig wirkt, können auch nach 2022 weitere EU-Mittel bereitgestellt werden.

Ich finde: Nach zwei Jahren Corona stehen junge Menschen in Europa vor besonderen Herausforderungen. Vieles ist auf der Strecke geblieben. Es ist ein großer Erfolg, dass wir 2022 zum Europäischen Jahr der Jugend machen. Die junge Generation soll unsere Zukunft aktiv mitgestalten. Schon heute bringen sich viele junge Leute politisch ein. Dieses Engagement sollten wir auch auf europäischer Ebene nutzen. Daher ist es entscheidend, jungen Menschen die Plattform zu bieten, sich international zu vernetzen. Sie wissen am besten, welche Themen, Initiativen und Programme für sie besonders relevant sind.

Ziel ist es, junge Menschen in wichtige Prozesse, wie die Konferenz über die Zukunft Europas einzubeziehen. Dafür sollen in 2022 zusätzliche Veranstaltungen und Initiativen organisiert werden. Hinzu kommen Aufklärungskampagnen für die Herausforderungen unserer Zeit, wie Digitalisierung und Klimawandel. Studien und Forschungsarbeiten zur Lage der Jugend in der EU sollen gefördert werden.

Gesetz über digitale Märkte könnte Anfang 2022 verabschiedet werden

Am Mittwoch hat das Plenum seine Verhandlungsposition über das Gesetz für die digitalen Märkte verabschiedet. Es geht darum, einen neuen rechtlichen Rahmen für digitale Online-Plattformen zu schaffen, die der heutigen Zeit gerecht werden. Die Europäische Union steht für fairen Wettbewerb, egal ob offline oder online.

Der sogenannte “Digital Markets Act“ ist ein wichtiger Schritt, um einen neuen rechtlichen Rahmen für Digitalriesen, wie Facebook, Microsoft, Apple, Google und Booking.com, auf der Grundlage der sozialen Marktwirtschaft zu schaffen. Für uns als Europäische Volkspartei war dabei wichtig, dass wir uns auf die größten Wettbewerbsprobleme fokussieren. Die EU-Kommission hat nur begrenzte Ressourcen, um die gemeinsamen Regeln zu überwachen. Die nationalen Behörden sollen deshalb sinnvoll eingebunden werden.

Außerdem verstärken wir die neuen Anforderungen an die großen Digitalunternehmen. Dadurch werden innovative Start-Ups mit den etablierten Internet-Riesen konkurrieren können und die beste Idee, nicht die Unternehmensgröße, über wirtschaftlichen Erfolg entscheiden. Das schafft mehr Angebote, wovon schlussendlich auch Verbraucher profitieren werden.

Die Botschaft ist klar: Die EU wird die Regeln der sozialen Marktwirtschaft auch in der digitalen Sphäre durchsetzen. Das bedeutet, dass der Gesetzgeber die Wettbewerbsregeln diktiert, und nicht die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" großer Digitalunternehmen.

Da sich die EU Mitgliedstaaten schon zu diesem Gesetzentwurf positioniert haben, kann Anfang 2022 eine Einigung erzielt werden. 

Mehr Informationen finden Sie hier.

Mein Jahresbericht zur Außen- und Sicherheitspolitik

Letzten Freitag hat der Auswärtigen Ausschuss im Europäischen Parlament (AFET) meinen Jahresbericht zur Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union 2021 mit großer Mehrheit angenommen.

Die EU-Mitgliedstaaten haben sich 1993 zu einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) verpflichtet. Ziel ist es, den Frieden zu wahren und die internationale Sicherheit zu stärken. Jedes Jahr lege ich dem Auswärtigen Ausschuss des Europäischen Parlaments einen Bericht zur Umsetzung der GASP vor.

Die Europäische Union sieht sich mit einer Vielzahl von komplexen außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen konfrontiert. Zu nennen sind zwei Beispiele aus diesem Jahr. Das internationale Desaster in Afghanistan hat die Defizite der EU bei militärischen Missionen offenbart. Die Instabilitäten in unserer unmittelbaren Nachbarschaft zeigen aktuell, dass die gesamte Staatengemeinschaft gegen Desinformationen, Cyberangriffe und illegalen Menschenhandel gerüstet sein muss.  

Die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfordern mehr außen- und sicherheitspolitisches Engagement. Nur so kann die EU ein effektiver geopolitischer Akteur in einer durch Konkurrenz geprägten Welt werden. Es ist entscheidend, unsere Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mit dem erforderlichen politischen Willen weiterzuentwickeln.

Die EU muss Partnerschaften auf Augenhöhe fördern und Verantwortung bei globalen Fragen übernehmen. Das gilt vor allem für das transatlantische Bündnis. So benötigt es massive Investitionen für zusätzliche Ausrüstung und operative Fähigkeiten. Beides muss deutlich verbessert werden. Die Entscheidungsprozesse der EU sind effizienter zu gestalten. Einstimmigkeit hemmt unsere Fähigkeit, schnell zu handeln. Es braucht häufiger Mehrheitsentscheidungen im Rat. So sollte dieses Prinzip zügig bei Sanktionen wegen Menschenrechtsverletzungen eingeführt werden.

Es ist Zeit zu handeln. In 2022 sind konkrete Schritte notwendig, sofern die Europäische Union ein globaler Akteur sein will. Davon hängt unsere außenpolitische Glaubwürdigkeit ab!

Eine Auswahl meiner Veröffentlichungen

Mein Plenarbeitrag in dieser Woche:

 

• Die Lage in Nicaragua, 14. Dezember

 

Eine Auswahl meiner jüngsten Interviews:

  

• EVP Facebook Live, 15. Dezember

 

• The Herald, 9. Dezember

 

• Brexit-Veranstaltung in Brüssel, 8. Dezember

 

• Euractiv, 8. Dezember

Meine nächsten regionalen Termine

17. Dezember:

• Gänseessen der MIT Wilhelmshaven-Friesland (Wilhelmshaven)

 

• CDU Landesfachausschuss Europa (digital)